Das Digital Innovation Team des Bundesinnenministerium
Seit April 2019 testet, adaptiert und vermittelt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) mit dem Digital Innovation Team (dit.Bund) vielfältige Ansätze, die den Wandel in den Arbeits- und Herangehensweisen der Bundesverwaltung befördern sollen. Das dit-bund-Team experimentiert dabei selbst mit agilen Ansätzen und Selbstorganisation und unterstützt andere Behörden dabei, solche und ähnliche Methoden anzuwenden. Das Team startete als Projektgruppe, bevor es im April 2021 zum Referat DG I 6 „Digitale Innovation und Transformation“ im BMI wurde. Der Trendreport hat mit Jan Ole Beyer und Robert Eberle aus dem dit.bund-Team über die ersten zwei Jahre als Projektgruppe gesprochen.
Herr Beyer, was war der Anstoß für die Einrichtung eines Digital Innovation Team? An welchen Vorbildern haben Sie sich dabei orientiert?
Beyer: dit.bund entstand im Grunde aus zwei zentralen Ideen: Zum einen aus dem Bestreben des Koalitionsvertrags der Bundesregierung aus dem Jahr 2018, eine E-Government-Agentur für die schnellere Umsetzung föderaler IT-Lösungen zu errichten. Zum anderen aus der bereits im BMI diskutierten Frage, wie ein Experimentierraum geschaffen werden kann, in dem digitale Innovationen in der Bundesverwaltung gefördert und neue Methoden und Arbeitsweisen in die Behörden gebracht werden können. Aus unserer Sicht ließen sich beide Ansätze sehr gut miteinander verknüpfen. Zudem wollten wir möglichst schnell loslegen — ohne die langwierige Vorplanung, die die Errichtung einer formalisierten Digitalagentur benötigt. Innerhalb einer relativ kurzen Konzeptionsphase von drei Monaten haben wir die Projektgruppe DIT ins Leben gerufen. Inspiriert haben uns dabei Initiativen für eine agilerer Verwaltungsarbeit aus dem Ausland wie zum Beispiel der „Government Digital Service“ in Großbritannien oder das Projekt „beta.gouv.fr“ des fränzösischen EtaLab.
Welche Ziele und Aufgaben verfolgt das Digital Innovation Team?
Beyer: Als Kern einer künftigen E-Government-Agentur sollte dit.bund zum zentralen Anknüpfungspunkt für Innovator*innen aus Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft werden und digitale Akteur*innen zusammenbringen. Dabei haben wir festgestellt, dass bei der digitalen Transformation nicht das Technische die Kernherausforderung der Verwaltung ist, sondern viel mehr die „weichen Faktoren“; also beispielsweise Aspekte wie Kommunikation, Methodisches und ressortübergreifende Zusammenarbeit. In den ersten zwei Jahren haben wir uns daher darauf fokussiert, agile Arbeitsweisen in der Bundesverwaltung zu etablieren, um digitale Innovationen voranzutreiben. Konkret haben wir versucht, eine Basis für Innovationen zu schaffen, indem wir agile Methoden und Techniken vorleben und Partnerbehörden in gemeinsamen Projekten und Workshops dabei begleiten, ihre Arbeitsformen weiterzuentwickeln. Wir werden aber auch angesprochen um zum Beispiel Input zu gebeten, wie Meetings kreativer gestaltet werden können. Wir wollen zeigen, dass auch in der Verwaltung agiles und innovatives Arbeiten funktioniert.
Welche Wirkungen in organisatorischer und kultureller Hinsicht hat das Digital Innovation Team bereits erzielt?
Beyer: Wir sind im eigenen Haus und auch anderen Bundesressorts und -behörden so bekannt, dass Kolleg*innen auf uns zukommen. Allein das ist schon ein wichtiger Erfolg. Die Arbeit an unserer eigenen Präsenz ist ein wichtiger Schlüssel, um mehr Kolleg*innen zu erreichen, beispielsweise durch unser Maskottchen „Diggi“.
Wir machen Schritt für Schritt mehr darauf aufmerksam, dass Veränderungen möglich sind und wie sie funktionieren können. Wir machen dabei immer wieder klar, wie wichtig es ist zu erproben, zu reflektieren und danach ggf. auch wieder zu verwerfen. Dazu gehört auch das Probieren von neuen Arbeitsformen, um agiler zu werden. Dabei kann es auch zu Misserfolgen kommen, aus denen man lernt. Für uns gehört es deshalb dazu die eigenen Erfolge, aber eben auch Misserfolge zu teilen. Das versuchen wir auch unseren Kolleg*innen ganz praktisch mitzugeben und vorzuleben.
Eberle: Auch haben wir das Gesprächsformat „Guten Morgen, Innovation“ initiiert, bei dem sich Mitarbeiter*innen der Bundesverwaltung in einem „geschützten“ Raum zu neuen Ideen und innovativen Praktiken austauschen. Für das erste Treffen hatten wir mit 20 bis 30 Interessierten gerechnet, am Ende waren deutlich mehr als 100 Personen dabei. Inzwischen nehmen konstant 60 bis 70 Kolleg*innen an den wöchentlichen Treffen teil.
Beyer: Darüber hinaus planen wir derzeit auch einen physischen, breit nutzbaren Ort, wo sich Verwaltung, Start-ups, Wissenschaft und zivilgesellschaftliche Initiativen vernetzen, gemeinsam experimentieren und lernen können. Wir wollen also auch stärker mit externen Akteur*innen zusammenarbeiten, damit nicht nur die Verwaltung neue Denkmuster lernt, sondern auch Gründer*innen einen Eindruck davon erhalten, wie Verwaltungen funktionieren.
Was würden Sie anderen Verwaltungen auf dem Weg zu mehr Agilität und Innovation mitgeben?
Eberle: Einfach mal machen. Wir setzen uns in der Verwaltung zu häufig Scheuklappen auf. Regeln lassen sich jedoch oft breiter auslegen. Wir sollten lernen mehr auszuprobieren und vor allem darüber miteinander zu sprechen. Ideenentwicklung entsteht insbesondere im Austausch und in der Zusammenarbeit. Ein Denken in Silostrukturen kommt dort an seine Grenzen. Mehr agile Projektarbeit kann dabei helfen, um auf Dauer einen kulturellen Wandel zu ermöglichen.
Beyer: Das kann ich so bestätigen. Wir müssen in der Verwaltung nicht alle zu Scrum Mastern ausbilden, um mehr Agilität und Innovation zu erreichen. Es reicht schon aus, einfach mal auszuprobieren, um dann zu reflektieren, was in der jetzigen Situation funktioniert. Das hat sich auch durch Corona gezeigt, als wir von heute auf morgen aus dem Homeoffice arbeiten mussten und wo wir als Verwaltung vielfach festgestellt haben, dass vieles relativ einfach geht, wenn wir nur wollen (oder in diesem Fall: müssen).
Der Autor des Beitrags ist Paul Braunsdorf.