Wer zusammenarbeitet, erreicht mehr! Der Mehrwert durch die interkommunale Zusammenarbeit liegt auf der Hand. Zum einen stehen die Kommunen vor den gleichen Herausforderungen und müssen rechtlich-verbindliche Vorhaben umsetzen bzw. wollen darüber hinaus tätig sein. Zum anderen befinden sie sich an unterschiedlichen Punkten in der Umsetzung und weisen einen unterschiedlichen Digitalisierungsgrad auf, sodass voneinander gelernt werden kann. Dementsprechend werden der Zusammenarbeit zwischen den Kommunen große Potenziale zugeschrieben: Ein (sehr) großes Potenzial wird von deutlich über drei Vierteln der befragten Kommunen vor allem bei der Standardisierung gesehen. In kreisangehörigen Städten und Gemeinden und in Landkreisen wird diesem Punkt stärker zugestimmt, als das in kreisfreien Städten der Fall ist. Direkt dahinter werden kommunalübergreifend das Teilen von Ressourcen und die Herstellung von Synergieeffekten verortet. Interkommunale Zusammenarbeit kann zudem neue Impulse einbringen und den Kompetenzaufbau unterstützen. Die Chance einer Förderung der kontinuierlichen Kommunikation wird ebenfalls von der Mehrheit der Kommunen als (sehr) wertvoll eingestuft, während etwas mehr als die Hälfte der Befragten großes Potenzial im Aufbau gemeinsamer Strukturen sieht (siehe Abbildung 8). Das Gewinnen neuer Partner sowie die gemeinsame Bewerbung in Förderprogrammen stehen insgesamt etwas weniger im Fokus. Mit 15 bzw. 18 % ist der Anteil derjenigen, die einen geringen oder keinen Mehrwert sehen, hier höher.
Abb. 8: Worin sehen Sie die größten Potenziale interkommunaler Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Gestaltung der digitalen Transformation?
Der interkommunalen Zusammenarbeit wird bei der Gestaltung der digitalen Transformation ein großes Potenzial attestiert. Ausgeschöpft wird es bisher aber nur im Ansatz. Lediglich 4 % der Befragten geben an, die Potenziale interkommunaler Zusammenarbeit in sehr hohem Maße zu nutzen. Die Mehrheit (45 %) der befragten Kommunen nutzt die Potenziale teilweise (siehe Abbildung 9). Immerhin ein Drittel der Kommunen gibt an, die Möglichkeiten in geringem Maß oder gar nicht zu nutzen.
Vielfältige Formate für eine gute interkommunale Zusammenarbeit
Interkommunale Zusammenarbeit kann in unterschiedlichen Formaten erfolgen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit der Zusammenarbeit und auch in zeitlicher Perspektive. Abbildung 11 gibt hierzu einen Überblick, der jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Als eher lose und temporäre Formen der Zusammenarbeit können beispielsweise gemeinsame Veranstaltungsformate wie Workshops, Konferenzen, Kongresse oder Hackatons angeführt werden. Einen höheren Verbindlichkeitsgrad mit temporärem Charakter weisen gemeinsame (Digitalisierungs-)Projekte oder die gemeinsame Umsetzung von Förderprogrammen auf. Eine höhere Verbindlichkeit, die auf Dauer angelegt ist, wird durch eine stärkere Institutionalisierung wie beispielsweise in einer interkommunalen Digitalisierungsagentur, in Rechenzentren oder einem Digitalisierungszentrum, aber auch durch gemeinsame Geschäftsmodelle erreicht. Deren Grad an Verbindlichkeit ist letztlich von der vertraglichen Ausgestaltung und der gewählten Rechtsform abhängig.
Abb. 9: In welchem Maß werden die Potenziale interkommunaler Zusammenarbeit genutzt? (n=Anteil der Teilnehmenden)
Doch welche Formate werden genutzt? Am stärksten etabliert sind regelmäßige gemeinsame Konferenzen oder Workshops. Im Vergleich zwischen den Landkreisen (41 %) auf der einen Seite und den Gemeinden bzw. Städten (64 %) auf der anderen, sind gemeinsame Konferenzen und Workshops bei den Landkreisen seltener vorhanden. Regionale Kooperationen und gemeinsame Digitalisierungsprojekte folgen als häufiger genutzte Formate (erneut mit geringerer Beteiligung der Landkreise). Ein regelmäßiges interkommunales Arbeitsgremium zur Verwaltungsdigitalisierung ist in der Hälfte der Städte und Gemeinden und einem Drittel der Landkreise etabliert. Damit wurden von den Kommunen bislang bevorzugt temporäre Zusammenarbeitsformate mit geringem Verbindlichkeitsniveau gewählt. Der Anteil der „unschlüssigen“ Kommunen steigt mit zunehmendem Institutionalisierungsgrad. So werden sowohl ein interkommunales Rechenzentrum als auch eine Digitalagentur oder ein Digitalisierungszentrum von jeweils knapp einem Drittel nicht bewertet. Zugleich zeigt sich: Während eine eigene Digitalagentur aus Sicht der Städte und Gemeinden keinen starken Mehrwert darstellt, herrscht eine größere Offenheit gegenüber einer interkommunalen Digitalisierungsagentur bzw. einem Digitalisierungszentrum. 35 % der Städte und Gemeinden sowie 28 % der Kreise halten ein solches verbindliches Format der Zusammenarbeit für wünschenswert. Dabei können die Kommunen u. a. auch auf Erfahrungen der Zusammenarbeit in interkommunalen Rechenzentren zurückgreifen. 38 % der Befragten in den Städten und 27 % in den Landkreisen geben an, mit in einem gebietskörperübergreifenden Rechenzentrum aktiv zu sein.
Abb. 10: Wie bewerten Sie die folgenden Aussagen zur interkommunalen Zusammenarbeit bei der Gestaltung der digitalen Transformation aus Sicht Ihrer Kommune? (n= Anteil der Teilnehmenden; Werte in Prozent)
Inhaltlich zielen die bisherigen Formate stärker auf die Binnen-/Verwaltungsdigitalisierung ab. Mehr als 50 % der Städte und Gemeinden und ein Drittel der Kreise wirken in einem solchen Arbeitsgremium mit. Demgegenüber sind es nur 19 % der Städte und Gemeinden sowie 10 % der Kreise, die in einem solchen Arbeitsgremium für die digitale Daseinsvorsorge mitwirken. Ein Großteil der befragten Kommunen hält ein solches Format jedoch für wünschenswert.
Abb. 11: Übersicht möglicher Formate interkommunaler Zusammenarbeit
Mit kleinen Schritten Potenziale der Zusammenarbeit weiter heben
Grundsätzlich scheitert die interkommunale Zusammenarbeit aus Sicht der Kommunen nicht an politischen Unstimmigkeiten oder fehlender Einsicht (siehe Abbildung 10). Doch was braucht es, um interkommunal stärker zusammenzuarbeiten? Beim Zusammentreffen vieler Akteure gilt stets: Klare Strukturen und Verantwortlichkeiten unterstützen die interkommunale Vernetzung und Zusammenarbeit! Damit das Verständnis innerhalb der Kommunen vom hohen Potenzial der Zusammenarbeit bestehen bleibt und Früchte trägt, sollten konkrete Vereinbarungen und gemeinsame Strukturen gut begründet sein. Ein gemeinsames Ziel und die dafür passenden Formate sollten gut gewählt werden, um Herausforderungen von Beginn an minimal zu halten. Denn Zusammenarbeit ist ein Kraftakt und erfordert das Engagement aller. Ein guter Startpunkt kann sein, mit kleineren Projekten zu beginnen und diese kontinuierlich auszubauen. Dabei spielen Landkreise eine wichtige Rolle: über zwei Drittel sehen die Aufgabe bei den Landkreisen, als Plattform von Digitalisierungsinitiativen zu fungieren. Landkreise bieten aufgrund ihrer grundsätzlich übergeordnet aufgebauten Organisationsstruktur gute Möglichkeiten der Interessenbündelung, als Kommunikationsplattform und können im Sinne eines „Dienstleisters“ Themen und Projekte an die Städte und Gemeinden zurückspielen. Für ein Gelingen benötigt es eine Verabredung auf oberster Ebene. Nur mit einem gemeinsamen Grundverständnis und transparentem Einbringen der individuellen politischen Zielvorstellungen wird eine effektive Zusammenarbeit gelingen. Nicht zuletzt unterstützen klare Ansprechpersonen die Vernetzung und den Austausch und tragen wesentlich zum Gelingen des Vorhabens bei. Sie erhöhen die Sichtbarkeit nach innen und nach außen, da Themen personifiziert gebündelt werden. So können Anfragen gebündelt werden und an die richtigen Kontaktpersonen weitergeleitet werden. Hier gibt es Handlungsbedarf, denn insbesondere auf Landkreisebene scheinen die Kontaktpersonen für die Städte und Gemeinden nicht immer eindeutig erkennbar zu sein.
„Zusammenarbeit wurde früher rein räumlich organisiert und gelebt. Die Digitalisierung ermöglicht heute völlig neue Möglichkeiten weit über den regionalen Bezug hinweg. Zudem erlaubt es, dass sich so Partner finden, die schon jetzt beispielsweise mit identischen Softwarelösungen arbeiten. Das allein erleichtert die digitale interkommunale Zusammenarbeit, die ihrerseits Prozesse beschleunigt, die Rechtssicherheit erhöht und gleichzeitig bessere Perspektiven für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bietet. Am Ende macht das die Kommune zudem als offenen und aufgeschlossenen Arbeitgeber attraktiver.“
Dr. Ulrich Keilmann, Direktor beim Hessischen Rechnungshof
„Die Landkreise haben eine Bündelungsfunktion. Einheitliche Lösungen sollten als Standardvorgaben bzw. Anbieter mit einem Raster zur Validierung vorgegeben werden. Wir brauchen eine Sicherstellung der Interoperabilität auch durch Open Source und nicht stetige Eigenentwicklung.“
Dr. Kay Ruge, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages
„Der Erfahrungsaustausch mit anderen
Kommunen ist sehr wertvoll. Die Kontaktaufnahme muss aktuell allerdings häufig in Eigeninitiative erfolgen.“
Thomas Bönig, Amtsleiter des Amtes für Digitalisierung, Organisation und IT der Landeshauptstadt Stuttgart