Wie passt das in einer Stadtverwaltung zusammen?
Mit einer stärkeren Vernetzung der Akteure von Verwaltung und Stadtgesellschaft reagiert die Stadtverwaltung Karlsruhe auf die Herausforderungen einer komplexer werdenden Umwelt. Neuerungen im Zuge der Digitalisierung sollen durch agile Methoden schneller und innovativer umgesetzt werden. Seit dem Jahr 2017 etabliert die Stadt daher in ihrer Verwaltung die IQ-Arbeitsweise.
IQ steht dabei für „innovativ“ im Sinne von agil, kreativitäts- und innovationsförderlich und „quer“ für eine Quervernetzung über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg, einschließlich der Einbindung von Personen aus der Stadtgesellschaft. Die Verwaltung kommt damit auch dem Wunsch der Bürger*innen und der Unternehmen nach mehr Partizipationsmöglichkeiten, Transparenz sowie zeit- und bürgernahen Entscheidungen entgegen.
Die Grundidee der IQ-Arbeitsweise entspricht einer Projekt-Matrix-Organisation
In sechs Themenkorridoren zur „Zukunft Innenstadt“, „Modernen Verwaltung“, „Sozialen Stadt“, „Wirtschaft und Wissenschaft“, Grünen Stadt“ und „Mobilität“ arbeiten Verwaltungsmitarbeitende zusammen mit Akteuren der Stadtgesellschaft fach- und hierarchieübergreifendend an jeweils drei bis fünf Leitprojekten je Korridor zusammen. Die Leitprojekte werden durch den Oberbürgermeister, Bürgermeister*innen und Gemeinderat in einem moderierenden Prozess ausgewählt, mit Zielen hinterlegt und von der Stabsstelle für Verwaltungs- und Managemententwicklung koordiniert. Diese projektbezogene Matrixstruktur liegt über der klassisch-hierarchischen Linienorganisation, da Aufgaben Projektteams und nicht Ämtern zugeordnet sind. Die Projektmitarbeiter*innen sind dabei nicht nur ihrer Amtsleitung, sondern auch einer Projektleitung unterstellt. Je nach Themengebiet werden Mitarbeiter*innen aus den Ämtern in Projektgruppen temporär zusammengezogen. Bei Bedarf kann das Projektteam auch um weitere Akteure aus der Stadtgesellschaft ergänzt werden. Komplexe Fragestellungen, die sich aus den dynamisch verändernden Umweltanforderungen an die Verwaltung ergeben, können so ganzheitlich und lösungsorientiert bearbeitet werden. Nach Abschluss eines Leitprojekts wird ein neues Projekt ausgewählt, das von einem neuen Projektteam bearbeitet wird.
Die Stabsstelle ist Ansprechpartnerin und Impulsgeberin für die Verwaltung
Für den Erfolg der Projekt-Matrix-Organisation ist ein Projektmanagement mit klarer Verantwortungsstruktur und eindeutiger Aufgabenverteilung notwendig. Denn auch agile Arbeitsweisen brauchen Regeln und unterstützende Strukturen, die den Rahmen definieren und Schnittstellen zum weiterhin bestehenden hierarchischen Organisationsaufbau berücksichtigen. Die Stabsstelle für Verwaltungs- und Managemententwicklung dient Außenstehenden als Ansprechpartnerin und unterstützt intern bei einer zielführenden Projektumsetzung durch methodische Begleitung. „Agile Coaches“ bringen agile Arbeitsmethoden wie Scrum, Kanban oder Design Thinking in die Projektarbeit ein, übernehmen als Prozesslots*innen die Verantwortung für den Arbeitsprozess und unterstützen durch die Einbindung der Schnittstellen zu anderen Projekten.
Die agile Arbeitsweise wird zudem durch entsprechende Räumlichkeiten unterstützt, in der variable Arbeitsplätze in einer fluiden Arbeitsumgebung den jeweiligen Bedürfnissen – z.B. zur Durchführung eines Workshops – angepasst werden können. Die Einrichtung eines Kreativraumes soll dabei helfen, die neue, agile Arbeitsweise konkret erlebbar zu machen.
Die IQ-Arbeitsweise stärkt die Eigenverantwortung und den Kompetenzaufbau
Ein besonderes Merkmal der IQ-Arbeitsweise liegt in der Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Als Projektmitglieder sind sie Vertreter*innen ihrer Arbeitsbereiche und dementsprechend Expert*innen in Eigenverantwortung. Die Mitarbeitenden gehen in ihrer Verantwortung auf und setzen motiviert ihre Ideen um. Positive Nebeneffekte sind, dass die direkte Abstimmung im Projektteam Zeit spart und der Kompetenzaufbau der Mitarbeitenden durch die Projekterfahrung gefördert wird. Zudem verstetigen sich die im Rahmen eines Projekts entstandenen Netzwerkstrukturen über den Projektabschluss hinaus, sodass ein „heißer Draht“ entsteht, über den Fachwissen schnell ausgetauscht werden kann. Die IQ-Arbeitsweise zeigt, wie tradierte Strukturen durch die aktive Einbindung von Mitarbeitenden und die Befähigung zur Eigeninitiative reformiert werden können. Dadurch kann auch die Prozess- und Ergebnisqualität bei vielschichtigen Vorhaben und Projekten verbessert werden.
„Wir versuchen uns wegzubewegen von der klassischen hierarchischen Arbeitsweise.“
Autor des Beitrags ist Lorenz Löffler.