Die Beteiligung von Verwaltungsmitarbeitenden und die Einbindung externer Akteurinnen und Akteure wird vonseiten der befragten Kommunen nicht als größere Hürde wahrgenommen. Auch die Koordination und Einbindung Externer stellt aus Sicht der Kommunen mehrheitlich keine große Herausforderung dar. Deutlich wird jedoch auch: Eine umfassende Beteiligung ist bisher nur selten Realität! Tatsächlich findet die Einbindung externer Akteurinnen und Akteure bisher nur ansatzweise statt. So beziehen 30 % der befragten Kommunen kommunale Rechenzentren/IT-Dienstleister, 19 % Verkehrsunternehmen/Verkehrsverbünde, 18 % Bürgerinnen und Bürger, 18 % die lokale Wirtschaft/ Unternehmen, 17 % Stadtwerke, 16 % Hochschulen, 10 % Verbände und Vereine, 7 % kommunale Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und 3 % kommunale Digitalagenturen in (sehr) hohem Maße in die Gestaltung der digitalen Daseinsvorsorge und in die Entwicklung digitaler Lösungen und Angebote ein (dargestellt in Abbildung 7). Etwa 20 % der Kommunen geben an, die genannten Akteurinnen und Akteure zumindest teilweise einzubeziehen. Weitere 20 bis 25 % können hier keine Angabe machen. Das zeigt: Die Einbindung anderer Akteurinnen und Akteure findet ansatzweise statt, ist aber merklich ausbaufähig.
Für die Gestaltung der digitalen Daseinsvorsorge – also der Entwicklung von Smart Cities bzw. Smart Regions – ist die Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen und Akteuren besonders wichtig. Kommunale Verwaltungen spielen eine wichtige Rolle, können aber selbst bei einer guten Ressourcenausstattung nicht alles selbst umsetzen. Gleichzeitig gehen auch private Akteurinnen und Akteure, vor allem im urbanen Raum, voran und entwickeln neue Lösungen und Services. Es braucht daher eine gute Zusammenarbeit, die von den kommunalen Verwaltungen koordiniert und im Sinne der Strategien gesteuert wird. Damit können einerseits neue Innovationen in den Handlungsbereichen der Daseinsvorsorge entstehen, andererseits kann auch der Kompetenzaufbau in den Verwaltungen durch gemeinsame Projekte unterstützt werden. Steuerung und Koordination wiederum erfordern Strukturen und Verantwortlichkeiten, die – wie oben aufgezeigt – aktuell auch noch im Aufbau bzw. in der Weiterentwicklung sind.
Ein zentraler Aspekt ist die Einbindung der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger. Sie sind die eigentlichen Adressaten von Smart-City-/Smart-Region-Lösungen. Ohne Akzeptanz und Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger verlaufen sämtliche Anstrengungen sprichwörtlich im Sande. Die Befragung der Kommunen hat gezeigt, dass Bürgerinnen und Bürger bisher nur von 5 % der Kommunen in sehr hohem Maß, von 13 % in eher hohem Maß und von 21 % zumindest teilweise eingebunden werden. Es ist also deutlich Luft nach oben, denn dem gegenübergestellt gaben knapp 60 % der Kommunen an, Bürgerinnen und Bürger kaum oder gar nicht einzubeziehen bzw. es nicht einschätzen zu können. Erfahrungsgemäß ist den Kommunen das hohe Potenzial einer engeren Einbindung der Bürgerinnen und Bürger jedoch durchaus bewusst. Es ist somit zu erwarten, dass die Kommunen dieses Potenzial zukünftig stärker ausschöpfen werden. Vor dem Hintergrund der Relevanz von partizipativen Maßnahmen wird dem Beteiligungsaspekt auch in den unterschiedlichen Förderprogrammen ein hoher Stellenwert eingeräumt. Es wird daher interessant sein, zu beobachten, ob und wie partizipative Elemente künftig eine größere Rolle gewinnen. Hilfreich kann es dabei sein, bereits gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse transparent zu machen. Diesem Ansatz möchte auch dieser Trendreport in den folgenden beiden Absätzen nachkommen.
Abb. 7: Welche Akteure werden von den Kommunen in eine erfolgreiche digitale Transformation eingebunden?
Partizipation braucht Mindset und Strategie
Es zeigt sich, dass Öffentlichkeits- und Stakeholderbeteiligung die Verwaltungen – entgegen den eigenen Einschätzungen in der Umfrage – in der Praxis doch häufig vor Herausforderungen stellt. Partizipation, sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch anderer Akteurinnen und Akteure, erfordert die Entwicklung einer Beteiligungskultur; denn Partizipation stellt sich nicht von heute auf morgen ein. Es braucht das Mindset – „Wir sehen die Externen als wichtige Impulsgeberinnen und -geber und wollen unsere Dienstleistung abstimmen!“ – und eine Strategie. Dabei hilft es, verschiedene Bausteine mitzudenken und, sofern möglich, einzubauen.
Baustein 1: Kontinuierliches Stakeholder-Management betreiben. In einer Datenbank können die relevanten Stakeholder zusammengeführt, fortlaufend ergänzt, geclustert und gewichtet werden. Die Übersicht dient als Basis für den jeweiligen Teilnehmerinnen- und Teilnehmerkreis der Beteiligungsformate. Konzepte und Methoden können dadurch zielgruppenspezifisch angepasst werden.
Baustein 2: Partizipationsmaßnahmen in einen breiteren Kommunikationsprozess einbetten. Zunächst sollten die Kommunikationswege der beteiligten Verwaltungsmitarbeitenden klar organisiert sein. In der Außenwahrnehmung kommt es sowohl auf die Kommunikation während des Projektes als auch im Nachgang an. Zu Beginn eines Beteiligungsformates sollten, unabhängig von der Anzahl der externen Akteurinnen und Akteure, Beteiligungsziele und Zeitplan festgelegt und kommuniziert werden. So erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wann welche Schritte durchgeführt werden, was jeweils von ihnen erwartet wird und wie die erzielten Ergebnisse letztendlich in den weiteren Prozess einfließen. Die Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Stakeholder werden dadurch ebenfalls deutlich. Im Anschluss ist die Sicherstellung eines regelmäßigen Informationstransfers über Projektverlauf und Ergebnisse von großer Bedeutung. Insbesondere bei einem längerfristig angelegten Beteiligungsprozess werden durch eine kontinuierliche und transparente Kommunikation der einzelnen Arbeitsschritte und Ergebnisse nicht nur die direkt Beteiligten auf dem Laufenden gehalten, sondern es wird auch die Mitnahme der breiteren Bevölkerung ermöglicht. Die Onlineplattform als hauptsächliche Informationsquelle wird deshalb regelmäßig bespielt.
Zielgruppenspezifische Formate und Methoden einsetzen
Unsicherheiten vonseiten der Verwaltung und das Risiko potenzieller Frustrationen bei allen Beteiligten können minimiert werden, indem die Methoden an die Zielgruppe angepasst werden. Kurzfristig bedeutet das mehr Aufwand, der sich aber langfristig egalisiert und in der Entwicklung eines Methodenbaukastens endet.
Baustein 3: Wichtig ist, klar definierte Beteiligungsformate zu wählen. Zu viele verschiedene Formate können auf die Teilnehmenden verwirrend wirken. Deshalb ist es sinnvoll, sich auf eine überschaubare Anzahl an Formaten zu beschränken. So können deren jeweilige Intentionen und Abläufe klar definiert und voneinander abgegrenzt werden. Die im Rahmen der einzelnen Formate eingesetzten Methoden können hingegen durchaus variieren.
Baustein 4: Die Zielgruppe in den Blick zu nehmen, bedeutet auch eine niedrigschwellige Gestaltung des Beteiligungsprozesses, um Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht abzuschrecken. Dadurch haben neue Interessierte zudem die Chance, jederzeit ins laufende Verfahren unkompliziert einzusteigen.
Baustein 5: Zudem haben die letzten zwei Jahre gezeigt: Erfolgreich ist eine sinnvolle Ergänzung analoger und digitaler Formate. Während analoge Formate zumeist der Erarbeitung von Handlungsbedarfen und Lösungswegen dienen, ermöglichen Online-Tools u. a. die Spiegelung und Ergänzung der Ergebnisse in einem breiteren Personenkreis. Digitale Tools können analoge Formate nicht ersetzen.
„Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kommunen und ihren kommunalen IT-Dienstleistern müssen wir mutig Altlasten verlassen, uns von anderen Branchen inspirieren lassen und dann methodisch interkulturell arbeiten. Dafür braucht es vertikale Rückendeckung bis hoch zur politischen Spitze.“
Clarisse Schröder, Kompetenzzentrum Digitalisierung – KDN- Dachverband kommunaler IT-Dienstleister
„Es braucht eine Offenheit zum verzahnten Miteinander! Sowohl zwischen den Kommunen als auch mit dem Land und dem Bund sowie selbstverständlich auch mit externen Akteurinnen und Akteuren. So kann Know-how fließen und lösungsorientiert gedacht und gehandelt werden.“
Dr. Ulrich Keilmann, Direktor beim Hessischen Rechnungshof
„Unter Einbindung externer Akteurinnen und Akteure verstehen viele Kommunen die reine Kommunikation zu diversen Themen, beispielsweise mittels Mail, Telefon und Videokonferenzen. Doch die Akteurinnen und Akteure gelegentlich einfach nur zu konsultieren, reicht nicht! Kontakte müssen geknüpft und dauerhaft gepflegt werden. Ein regelmäßiger Austausch zu ausgewählten Themen, bei denen auch Details transparent besprochen werden, ist vonnöten, damit gewonnene Erkenntnisse, Einschätzungen und Impulse in die eigenen Prozesse einfließen können. Nur gemeinsam kann die digitale Transformation gelingen!“
Dr. Kristina Lemmer, Chief Digital Officer beim Landkreis
Lüneburg, affiliierte Post-Doc am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Gastwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Leuphana Universität Lüneburg und der Hochschule Bremen
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